Anämie (Blutarmut)
Wir unterscheiden grundsätzlich zwei Formen von Anämie
- die hypochrome (unterfärbige) Form der Blutarmut
- die hyperchrome (überfärbige) Form der Blutarmut.
Bei der hypochromen Form handelt es sich um eine Krankheit des Blutes, wobei der Blutfarbstoffgehalt der roten Blutkörperchen herabgesetzt ist, ohne dass ihre Zahl wesentlich vermindert ist. Sie tritt bei ungenügender Zufuhr von Eisen oder bei ungenügender Aufnahme des in der Nahrung enthaltenen Eisens durch den Körper auf. Als Musterbeispiel galt für diese Form der Anämie die sog. Bleichsucht (Chlorose) bei jungen Mädchen im Entwicklungsalter. Diese Krankheit ist heute durch die sportliche Betätigung fast aller junger Mädchen in Luft und Sonne und durch den reichlichen Obst- und Gemüsegenuß fast ausgestorben und spielt in der Praxis keine Rolle mehr.
Wichtiger ist die sog. alimentäre Eisenmangel-Anämie bei Säuglingen und Erwachsenen, die durch Ernährungsschäden (einseitige Ernährung) hervorgerufen wird. Einseitige Ernährung z. B. beim Säugling durch reine Ziegen- oder Kuhmilchfütterung ohne Obst und Gemüse- beikost führt zu einem starken Mangel an Vitamin C, das für die Aufnahme des Eisens im Organismus eine ausschlaggebende Rolle spielt. Durch das Fehlen des Vitamin C kann der Körper das in der Kost befindliche Eisen nicht aufnehmen. Da der rote Blutfarbstoff zu seiner Bildung und Erneuerung dauernde Eisen braucht, kommt es zu Verarmung des Blutes an Blutfarbstoff.
Die Kranken sind blass, ständig müde und matt, appetitlos und apathisch und neigen zu Nasen- und Zahnfleischblutungen. Hier ist unbedingt Zufuhr von Vitamin C, am besten in Form von rohem Obst und Gemüse und Aufenthalt an frischer Luft und Sonne notwendig und wird Heilung bringen.
Eine zweite Form der unterfärbigen Blutarmut ist die sekundäre oder Blutungs-Anämie, die nach einer einmaligen starken Blutung auftreten kann, häufiger aber durch an sich geringfügige, dafür aber lang anhaltende chronische Blutungen hervorgerufen wird. Auch Infektionskrankheiten jeder Art können auf der Grundlage des Eisenmangels im Blutplasma zu hochgradiger Blutarmut führen, ebenso wie starker Wurmbefall. Auch Krebserkrankungen sind in ihrem Endstadium immer von schweren Anämien begleitet. Die hyperchrome Anämie beruht nicht auf einem Mangel oder mangelhaftem Aufnahmevermögen von Eisen, sondern auf einer Verminderung der roten Blutkörperchen.
Die roten Blutkörperchen werden, wie schon oben erwähnt, im Knochenmark dauernd neu gebildet. Bei der hyperchromen Anämie ist die Neubildung und Ausreifung der roten Blutkörperchen im Knochenmark auf Grund des Fehlens eines Wirkstoffes im Körper, der in der Leber und in der Magen- wand erzeugt wird, gestört. Bei dieser Krankheit ist jedes rote Blutkörper- chen strotzend mit Blutfarbstoff angefüllt. Es sind aber nicht genug rote Blutkörperchen da, um den Gasaustausch und überhaupt die inneren Stoff- wechselvorgänge zu ermöglichen. Die Kranken haben ein fahlgelbes Au sehen, sind matt und müde, sie klagen über Zungenbrennen, über Schwindel, pelziges Gefühl, Kribbeln und Ameisenlaufen, besonders an den Händen und Füßen. Die Verdauung ist gestört, ihr Magen produziert zu wenig oder gar keine Magensäure. Durch Zufuhr von Leberextrakt, heute in Form von Injektionen, ist das Leiden, das vor einem Menschenalter noch als unheilbar galt, mit großer Sicherheit zu beherrschen. Auf alle anderen Formen der Blutarmut hier noch näher einzugehen, würde zu weit führen und nicht dem Sinne des Buches entsprechen.
Zur Stärkung des Allgemein- und Hebung des Wohlbefindens, zur Linderung der bei den Anämien oft auftretenden nervösen Störungen wird der galvanische Feinstrom in seinen Allgemeinanwendungen seine kräftigende und beruhigende Wirkung voll entfalten können.