Ohren (Krankheiten des Ohres)
Durch elektrophysiologische Erkenntnisse der neuesten Zeit stellt sich der Hörvorgang nach den Ergebnissen der Wittmaackschen „Tonus-Lehre“ etwa folgendermaßen dar: Äußeres und Mittelohr dienen der Zuleitung der einwirkenden schallfrequenten Luftdruckschwankungen und ihrer Anpassung an das Innenohr. Hierdurch werden offenbar in den Sinnesstellen feinste elektrische Spannungsschwankungen erzeugt, die den Nerven-Ruhestrom modulieren und von den im sog. Cortischen Organ des Ohres sich verästelnden Nervenendigungen als Aktionsstrom der Hörnerven dem Hörzentrum zugeleitet werden, wo sie zum Bewusstsein gelangen.
Wenn auch die feineren Vorgänge dabei in ihren Einzelheiten noch keineswegs völlig klarliegen, so muss doch die Bedeutung des Innenohres als Empfangsorgan für Wechseldrucke und seine hieraus resultierende Verletzlichkeit gegenüber Druckschädigungen verschiedenster Art heute als gesichert gelten. Da hierbei gerade dem Cortischen Organ als letztem Glied der Schallzuleitung und gleichzeitig als Ort der Reizumwandlung in elektrische Aktionsströme eine ausschlaggebende Rolle in der Biopathologie des Innenohres zukommt, liegt auf der Hand.
Da der Hörvorgang nach diesen neueren Feststellungen von den elektrischen Strömungen im Organismus mitbeeinflusst wird, ist es selbstverständlich, dass man bei einzelnen Erkrankungen des Gehör-Apparates auch den galvanischen Strom (Wohlmuth) anwenden kann.
Ohrenleiden, namentlich solche auf nervöser Grundlage, sind häufig. Namentlich tritt das lästige und quälende Sympton des „Ohrensausens“, das in vielen Fällen rein nervösen Ursprungs ist, sehr oft auf. Gerade gegen diese verbreiteten und quälenden Krankheitsformen ist der galvanische Strom sehr häufig heilsam und vermindert meist mit der Beseitigung der subjektiven Geräusche auch die begleitende Schwerhörigkeit.
Die Erfolge auf diesem Gebiete sind geradezu glänzende, nachdem alle übrigen Heil- versuche vergebens waren.
Schwerhörigkeit, Taubheit
Diese Erkrankung kann ihren Herd im Innenohr, im Gehörnerv, im Mittelohr, im Gehirn haben. Man begegnet ihr besonders nach Überreizung des Gehörs, nach heftigen Erschütterungen des Ohres, nach starken Gemütsbewegungen und zuweilen nach schweren Fieber- und Nervenkrankheiten.
Behandlung: Nach den vorliegenden Heilerfahrungen mit galvanischen Strömen gibt es eigentlich keinen Fall von Schwerhörigkeit oder Taubheit, bei dem man es nicht wenigstens auf einen Kurversuch ankommen lassen sollte. Unbeschadet der möglichen Krankheitsursachen hat die Erfahrung trotzdem bestätigt, dass es auch in – scheinbar – völlig aussichtslosen Fällen gelingt, den Zustand mindestens zu bessern.
Und oft genug ist Schlechthören und Schwerhören immer noch besser und mehr als – Taub- sein. Zur Behandlung empfehlen sich galvanische Sitzungen.
Gehörgangs-Entzündung
Ursache: Haarbalgentzündung (Furunkulose) am äußeren Gehörgang durch Kratzen mit Zahnstochern, Streichhölzern und dgl. Verlauf: Im Anfang bildet sich gewöhnlich nur ein kleines Knötchen, welches nach und nach wächst und so groß werden kann, dass es den äußeren Gehörgang verschließt. Jede Berührung ist sehr schmerzhaft, und je nach Sitz und Ausdehnung der Entzündung sind die Schmerzen bald geringer, bald sehr heftig und unerträglich. Fieber, Schlaflosigkeit, Behinderung der Bewegungen des Unterkiefers, Druck und Klopfen im Ohr und Schwerhörigkeit sind im Gefolge. Spezial ärztliche Behandlung ist notwendig.
Erst nach der Auseiterung kann mit den galvanischen Behandlungen begonnen werden.
Lähmungen des Gehörnervenapparates
kommen selbständig, wie auch als Folgeerscheinung von Erkrankungen des Mittelohres oder des Zentralnervensystems vor. Behandlung: Wie bei Schwerhörigkeit. Menier’sche Krankheit Man versteht darunter eine Reihe von Krankheitserscheinungen, für die eine Entzündung der Gehörnerven bzw. eine Schädigung im Innenohr verantwortlich gemacht wird. Verlauf: Schwindelanfälle, Erbrechen, Unsicherheit des Ganges und Ohrensausen.
Ohrensausen – Otosklerose
Das erstere Leiden ist außerordentlich weit verbreitet und betrifft namentlich die Frauen, die davon – besonders in den Wechseljahren (vgl. später) – betroffen werden. Es handelt sich dabei um ein Leiden, von dem man als Gesunder keinen Begriff hat. Der Zustand ist entsetzlich und treibt die Kranken zur Verzweiflung. Ursachen: Bei der Otosklerose ist eine Verknöcherung der Gehörkapsel und des Trommelfellrings verantwortlich zu machen. In anderen Fällen sind es nervöse Ursachen, Vergiftungen (Aspirin u. a.). Häufig besteht über die Ursache keine Klarheit. Verlauf: Die Kranken werden von dem Leiden (bei Otosklerose) allmählich oder (Wechseljahre, Vergiftungen, nervöse Ursachen) plötzlich oder ziemlich plötzlich befallen. Sie klagen über Geräusche, Vogelzwitschern in den Ohren, über ein inneres Summen und Brummen, das sie tags und nachts nicht zur Ruhe kommen lässt, zuweilen berichten die Kranken von einem singenden Ton oder von einem „Orchester im Kopf“. Infolge dieser inneren Geräusche und der dauernden Töne kommen Laute von außen nur teilweise zur Gehöraufnahme. Mitunter überrauscht das inwendige Geräusch das äußere, es kommt allmählich zur vollendeten Sinnestäuschung oder – in schweren Fällen – zur völligen Taubheit.
Behandlung: Alle Mittel, die zur Bekämpfung des Ohrensausens und der Ertaubungsgefahr in Anwendung kommen, sind in ihrer Wirkung fraglich und unzuverlässig. Der galvanische Kurversuch, der eigentlich in allen solchen Fällen von Ohrensausen unternommen werden sollte und mit unverbrüchlicher Ausdauer auf Monate hinaus durchgeführt werden muss, hat schon in schwersten Fällen überraschende Erfolge gezeitigt. Behandlung:.